Das ist aber flach!

Ist Radfahren gesund? Nach 3000 Velomobilkilometern traue ich mich mal an das Thema Sicherheit. Wir beginnen mit Statistik: Wie wird bevorzugt gestorben? Nur selten im Straßenverkehr. Lieber verstopft der Tod die Herzkranzgefäße: Das bescheinigt in Deutschland 70.000 mal jährlich eine Ärztin oder ein Arzt den Hinterbliebenen. Und so ähnlich geht es weiter. Hier die  Top Ten der hiesigen Todesursachen:

Die häufigsten Todesursachen in Deutschland.
Die häufigsten Todesursachen in Deutschland (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Die Gehilfen des Todes: Alkohol, Rauchen und Bewegungsmangel. Wenigsten vor dem letzten ist man im Velomobil ziemlich sicher! Und: Zu Hause bleiben ist auch keine Lösung. Das beweist die folgende Grafik:

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Unfälle in Deutschland in 2012. Von den im Straßenverkehr Getöteten saßen 1791 Menschen im Auto, 586 fuhren Motorrad, 520 gingen zu Fuß, 406 fuhren Rad, 152 steuerten einen LKW, 66 ein Moped, 27 saßen auf einer Mofa und 3 in einem Bus. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Grundsätzlich ist Radfahren ist also gesund und bewahrt uns vor dem größten und brutalsten Killer in diesem Land: Bewegungsmangel.

Unterschied zum Normalrad

Aber ernsthaft. Die Frage liegt nahe: »Das ist aber niedrig, wird man damit nicht leicht übersehen?« Ich habe mir die Frage auch gestellt, als ich begann, mich für Velomobile zu interessieren. Alle Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen können hinter einem Hindernis verschwinden: Ein Sportwagen hinter einem SUV, der hinter einem Transporter, der wiederum hinter einem LKW und auch der hinter einer Wand oder Hecke. Dem LKW-Fahrer passiert das selten, dem flachen Velomobilisten häufiger, ebenso Kindern. In solchen Situationen hilft nur geringe Geschwindigkeit und erhöhte Aufmerksamkeit. Wann ich mich im Velomobil anders verhalte, als auf dem Normalrad:

  • Hinter hohem Gras oder Leitplanken außerorts auf einem Radweg bin ich an Einmündungen vorsichtiger als mit dem Normalrad.
  • Radwege hinter parkenden Autos befahre ich mit dem Volomobil nicht.
  • Überholt mich auf einer Straße ohne Radweg ein Auto, beobachte ich im Rückspiegel, ob mich auch die nachfolgenden Fahrer oder Fahrerinnen sehen. Das war bisher immer der Fall.
  • Wenn vor mir ein Auto an einer Einmündung oder einem Hindernis hält, halte ich so viel Abstand, dass ich den Rückspiegel des Autos erkennen kann. Einmal setzte eine Autofahrerin vor mir zurück, um einem von vorne kommenden LKW Platz zu machen. Passiert ist nichts.

Velomobile sind nicht nur flach sondern auch auffällig: Wenn sie im Sichtbereich eines anderen Verkehrsteilnehmers oder einer Verkehrsteilnehmerin sind, werden sie auch gesehen, vielleicht sogar besser als jemand auf einem Normalrad- oder auf einer Mofa oder unauffällig gekleidete Fußgänger und Fußgängerinnen. Wegen der relativ hohen Geschwindigkeit hält man sich mit einem Velomobil auf gerader Strecke lange im Sichtbereich der Autos auf. Auf Kreis- oder Landstraßen werde ich mit großem Abstand überholt, wesentlich besser als mit dem Normalrad.

Wimpel, Reflektoren und Lichterketten

… bringen nur etwas, wenn andere auch gucken! Das ist oft das Problem: Artikel auf deutschlandfunk.de: Übersehen trotz Warnweste

Bremsen

Überfahren werden ist für Menschen tragischer als für andere flache Dinge wie Fahrbahn-Markierungen, die eigentlich auch nicht übersehen werden sollten. Manchmal muss man einfach tun, was in einem muskelgetriebenen Fahrzeug sehr schwer fällt: Bremsen. Mir persönlich hilft, KEINE Tabelle mit Geschwindigkeitsrekorden zu pflegen! Das entspannt.

Fazit

Auf meiner täglichen, für das Velomobil ausgesuchten Strecke fühle ich mich im Velomobil sicherer als auf dem Normalrad. Wichtig: Innerorts Radwege hinter Parkstreifen meiden. Mir fällt das leicht, da ich im Velomobil noch nie angehupt oder beschimpft worden bin. Auf dem Normalrad passiert das häufig – selbst wenn auf der Strecke keine Radwegbenutzungspflicht besteht.

Vielleicht halten viele das Velomobil auch für gefährlich, weil es relativ unbekannt ist. Wer sich für die wahren Lebensrisiken interessiert, lese das Interview mit Prof. Renn zum Thema Risikoparadox – was uns wirklich bedroht.

2 Gedanken zu „Das ist aber flach!“

  1. Warum meidest Du Radwege (generell)? Wegen des oft schlechterern Fahrbahnbelags / Scherben und zugeparkten Situationen oder wegen der Sicherheit?

    Bei der Sicherheit kommt es doch sicherlich (oh, fast ein Wortspiel) darauf an, wie / wo der Radweg genau angelegt ist. Hier in Holland sehe ich übrigens in der Regel keine Probleme den Radweg zu benutzen, da die Radfahrer sogar eher auf „Vorfahrt“ als die Autofahrer gesetzt sind.

    1. Außerhalb der Ortschaften fahre ich fast immer auf dem Radweg, nur innerhalb der Ortschaften fast nie. Die Radwege sind in den Orten meist schmal und sie verlaufen oberhalb des Bordsteins neben dem Gehweg, manchmal sogar hinter Parkstreifen. Man wird dort schon auf dem Normalrad an Einmündungen leicht übersehen. Mit dem flachen, schnellen Velomobil wahrscheinlich erst recht. Auf der Straße ist man viel besser im Sichtfeld der Autos. Wenn der Radweg als rot markierter Streifen ausreichend breit am Fahrbahnrand verläuft, fahre ich dort. Radwege in den Niederlanden empfinde ich als sicherer. Mein Eindruck ist: Dort wird erst eine gute Lösung für die Radfahrer gesucht und dann der Rest geplant. In Deutschland ist es meinem Eindruck nach gerade umgekehrt. Erst die Kraftfahrzeuge und dann eine Lösung für die Radfahrer. Ein Beispiel: Hier im Münsterland werden an fast allen neuen Kreisverkehren Radwege gebaut. Aber außerhalb, parallel zur Fahrbahn für die Kraftfahrzeuge. An jeder Ein- und Ausfahrt müssen die Radfahrer Vorfahrt achten. Viel sicherer ist es meines Erachtens, die Einfahrten eng zu bauen, die Rad- und Kraftfahrer zusammenzufädeln und dann gemeinsam durch den Kreisverkehr zu führen. Diese Lösung findet man aber nur sehr selten.

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