Acht Jahre Mango

Im Sommer vor acht Jahren habe ich das Mango Sport #417 bei Harry Lieben in Stadtskanaal abgeholt. Hier teile ich meine Erfahrungen.

Wartungsaufwand und Zuverlässigkeit

Seit 2015 bin ich mit dem Mango 37 000 km gefahren. Ersetzt habe ich Verschleißteile wie die Ketten und mehrfach die Reifen (aktuell 35 mm Schwalbe Kojak vorne und hinten). Das Gummi der Schaltgriffe löste sich auf; neue Griffe kosteten weniger als 20 Euro und waren schnell montiert. Leider habe ich nicht gut auf die Einstellung der Bremsen geachtet und eine Seite stärker belastet. Dadurch haben sich die Speichennippel an einer Seite durch die Aluminiumfelge gearbeitet, so dass ich nach einer provisorischen Reparatur mit Unterlegscheiben schließlich zwei neue Vorderräder von Ginkgo und neue Bremsen montiert habe. Sonst ist alles noch so, wie von Harry Lieben ausgeliefert. Ach ja, Leistungsmesspedalen des HPV-Labs der FH Münster fahren zur Zeit noch als Leihgabe mit und sammeln Daten für verschiedene Vergleiche und statistische Auswertungen. Einmal habe ich die Spur nachgestellt. Fazit: Auf acht Jahre und fast 40 000 km verteilt, ist der Wartungsaufwand sehr überschaubar. Manchen Winter habe ich nicht mehr gemacht, als alle paar Wochen den Reifendruck zu kontrollieren. Das Mango Sport bringt mich jeden Tag, bei jedem Wetter sehr zuverlässig zur Arbeit. Gelegentlich habe ich einen platten Reifen; durch die einseitige Aufhängung aller drei Räder ist der aber auch bei Dunkelheit und Regen in wenigen Minuten gewechselt und die Fahrt geht weiter.

Nutzen für Pendler

Die Verkleidung schützt mich, mein Gepäck und die Fahrradtechnik so zuverlässig vor Wind, Niederschlag und Straßenschmutz, dass ich mir nie Gedanken darüber mache, doch lieber mit dem Auto fahren zu wollen. Wirklich nie.

Ganz ohne Schwitzen geht es zwar auch im Mango nicht, aber bei kühlem Wetter kann man das sehr in Grenzen halten. Durch die Fußlöcher am Boden ist der Körper viel besser belüftet als zum Beispiel in Regenkleidung oder Winterjacke auf einem Up. Im Sommer, bei trockenem und warmem Wetter, nehme ich auch gerne mal mein normales Rad, ein flottes Single-Speed, und genieße wie geräuschlos das im Gegensatz zum Velomobil durch die Landschaft rollt.

Bisher hatte ich noch keine kritische Verkehrssituation im Velomobil und hoffe, dass das so bleibt. Nach meiner Erfahrung, ist wo man mit dem Rad fährt, entscheidender als welche Art von Rad man fährt. Radwege hinter hohem Gras und Gebüsch, parkenden Autos oder Leitplanken sind nur sehr langsam mit größter Vorsicht fahrbar. Auch mit dem normalen Rad muss man auf solchen Strecken an Einmündungen sehr auf der Hut sein.

Die meisten Verkehrsteilnehmer/innen reagieren sehr positiv auf das Velomobil und stellen an Ampeln Fragen oder zeigen Daumen hoch. Es gibt selten Autofahrer/innen, die auf Landstraßen offenbar genervt, gelegentlich hupend, überholen, ohne den Gegenverkehr hinter Kuppen oder Biegungen sehen zu können. Immer mal wieder nehmen mir Autofahrer/innen die Vorfahrt, aber das ist kein Velomobil-spezifisches Problem. Auf dem normalen Rad passiert das ebenso. Innerorts die Straße zu nutzen, auch wenn ein Radweg vorhanden ist, akzeptieren Autofahrer/innen beim Velomobil. Auf dem Normalrad kassiert man immer mal wieder eine Beschimpfung oder Belehrung, auch wenn der Radweg nicht benutzungspflichtig ist.

Spaß auf der Strecke

Inzwischen hat sich die Velomobilwelt mit Karbon und den schnellen Snoeks, Alphas, Milanen und Bülks weiterentwickelt, so dass das Glasfaser-Mango daneben etwas wie ein Oldtimer wirkt. Im Foto von vorne links nach hinten rechts: Milan GT, Snoek, Mango #417, DF, DF XL und ganz hinten mit hoch stehender Haube das Quattrevelo.

Legt man ein paar Watt drauf, und stimmt die Strecke, ist man auch mit dem Mango ein gutes Stück schneller unterwegs als mit Rennrad oder S-Pedelec, besonders wenn man an die Reichweite der Akkus letzterer denkt. Hier eine Heimfahrt von gestern (4. Juli 2023) mit kleinem Umweg – weil es immer noch so viel Spaß macht wie im Sommer 2015.

Fazit

Keine Angst, als Einsteiger/in oder Berufspendler/in ein gebrauchtes Mango, Strada oder Hilgo zu kaufen! Geschwindigkeit ist nicht alles und auch Bülk, DF, Snoek, Alpha oder Milan sind zwar faszinierende Rennkisten, aber auch nur schnell, wenn die Strecke schnell und die Fahrer/innen trainiert sind! Im Alltag muss man an Ampeln halten, Vorfahrt achten, rücksichtsvoll andere Radfahrer/innen überholen, über schlechten Asphalt fahren und auch mal ein Stück über den Radweg. Mit dem Mango setzt man nicht gleich auf jeder Kante auf, kommt bei einem Platten gut an die Reifen und kann bequem durch die große Öffnung ein- und aussteigen. Man sitzt vergleichsweise hoch, die Tretlagerüberhöhung ist nicht extrem und der Körperöffnungswinkel eher kleiner, man sitzt also eher als zu liegen. Das schafft etwas mehr Übersicht und überstreckt den Nacken nicht.

Ich steige nach acht Jahren und fast 40 000 km immer noch jedes Mal begeistert in das Mango ein. Mich fasziniert die Effizienz und die saubere Karbon-Verarbeitung der aktuellen Modelle. Trotzdem finde ich schade, dass die preisgünstigere (5 000 bis 6 000 Euro) und im Alltag nur wenig langsamere »Mango«-Klasse auszusterben scheint. Für Einsteiger/innen ist es vermutlich eine größere Hürde sich direkt auf ein etwa 10 000 Euro teures Karbon Gerät einzulassen.

Ganz egal, für welches Velomobil ihr euch interessiert, zögert nicht, jeder Tag im Auto und nicht im Velomobil ist verlorene Lebensqualität!

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